Anwaltsschreiben mit Schadsoftware im Umlauf
Kriminelle versenden unter dem Namen von erfundenen Anwaltskanzleien betrügerische E-Mails. Darin behauten sie, dass Empfänger/innen einen pornografischen Film angesehen und damit eine Urheberrechtsverletzung begangen haben. Weiterführende Informationen dazu finden sich angeblich in einem Dateianhang. Er verbirgt Schadsoftware und darf nicht geöffnet werden.
Internet-Nutzer/innen erhalten beispielsweise von der Rechtsanwälte Krüger und Beck GmbH eine E-Mail, in der davon die Rede ist, dass sie eine Urheberrechtsverletzung begangen haben. Das liest sich, wie folgt:
Sehr geehrte(r) Vorname Nachname,
der Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus begangene Verletzung des Urheberrechts an dem Werk „3D Fickparty Teil 1 3D Blu-ray“. Unserer Mandantin „Tushy Media“ steht das ausschließliche Recht zu, dieses Werk zu vervielfältigen (§§ 16, 94 f. UrhG). Dieses Recht wurde durch die Übertragung des Streams des genannten Werkes über Ihre Internetverbindung verletzt.
Folgende Daten konnte die seitens unserer Mandantschaft beauftragter Ermittlungsfirma feststellen und beweissicher rechtlich dokumentieren:
Produktname: 3D Fickparty Teil 1 3D Blu-ray
IP-Adresse: 60.120.130.233
Datum/Uhrzeit: 00.08.2018 24:12:03
Benutzerkennung: 86953504827
Unserer Mandant hat daher vor dem Gericht Köln Ihren Internet-Service-Provider gemäß § 101 Abs. 9 UrhG auf Auskunft in Anspruch genommen. Das Landgericht hat für diesen Vorfall sowohl die Rechtsinhaberschaft als auch die ordnungsgemäße Erfassung der Rechtsverletzung und Funktionsweise der Ermittlungssoftware bejaht. In dem Beschluss mit dem Aktenzeichen 49792396-758 wurde Ihrem Internetserviceprovider die Herausgabe Ihrer Daten gestattet.
Die beim Streamen des genannten Werkes technisch notwendige Zwischenspeicherung stellt ein Vervielfältigen nach § 16 UrhG dar und steht ausschließlich dem Urheber bzw. dem Rechteinhaber zu. Hierfür spielt es keine Rolle, ob das Werk dauerhaft oder nur vorübergehend gespeichert wird. Eine rechtmäßige Nutzung der Raubkopie (§ 44a UrhG) ist ohne Genehmigung des Urhebers nicht möglich (vgl. AG Leipzig, Urteil vom 21.12.2011 - Az. 200 Ls 390 Js 184/11).
Eine erlaubte Vervielfältigung zum privaten Gebrauch (§ 53 UrhG) kommt hier von vornherein nicht in Betracht, da eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet worden ist. Daher hat unsere Mandantschaft gegen Sie einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz (§ 97 UrhG). Weiterhin hat unsere Mandantschaft gegen Sie den Anspruch auf Vernichtung aller bei Ihnen noch befindlichen rechtswidrigen Kopien (§ 98 UrhG).
Aufwendung für Ermittlung der Rechtsverletzung - pauschal: 80,00 Euro
Geschäftsgebühr §§ 13, 14: 276,22 Euro
Pauschale für Post und Telekommuniacht unserer Mandantin fordern wir kation: 14,62 Euro
Schadensersatz: 648,08 Euro
Gegenstandwert: 45608,00 Euro
Die Beweisdaten, Unterlassungserklärung sowie die Kontodaten und unsere Kontaktdaten ersehen Sie in der angehängten Datei.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwälte Krüger und Beck GmbH
Zahlreiche weitere Varianten dieser Nachricht sind im Umlauf.
Weitere Absender/innen der gefälschten Schreiben
Weitere erfundene Absender/innen der betrügerischen Schreiben sind beispielsweise:
- Kanzlei Dr. Schwarz + Winkler GmbH
- Kanzlei Müller + Walter
- Kanzlei Schröder und Dr. Günhter Gmbh
- Kanzlei Schröder & Günther AG
- Rechtsanwaltsgesellschaft Herrmann & Vogt
- Rechtsanwaltsgesellschaft Hofmann + Roth GmbH
- Rechtsanwaltsgesellschaft Müller und Walter GmbH
- Rechtsanwälte Krüger und Beck GmbH
- Rechtsanwälte Prof. Dr. Schneider und Mayer
- Rechtsanwälte Wagner und Peters mbH
- ...
Für die Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzung der erfundenen Anwaltskanzleien gilt das nachfolgend Ausgeführte ebenso.
Schadsoftware im Dateianhang
Den betrügerischen anwaltlichen Schreiben ist ein Dateianhang im ZIP-Format beigefügt. Er trägt Titel, wie zum Beispiel „Forderung Vorname Nachname von Kanzlei Müller + Walter“. Öffnen Nutzer/innen diesen, finden sie darin eine weitere ZIP-Datei. Sie wiederum verbirgt eine MS DOS-Anwendung, vor der ein Antivirenprogramm warnt: „Dieses Programm ist gefährlich. Es führt Befehle eines Angreifers aus.“ Aus diesem Grund dürfen Nutzer/innen für angeblich weiterführende Informationen zu ihrer Urheberrechtsverletzung keinen Dateianhang öffnen, denn er verbirgt einen schädlichen Trojaner. Dieser ermöglicht es Kriminellen, dass sie einen Zugriff auf den fremden Computer erlangen, Daten und Passwörter stehlen oder weitere Schadsoftware installieren.
Woran sind die gefälschten Anwaltsschreiben erkennbar?
Die betrügerischen E-Mails sind für Nutzer/innen unter anderem anhand der nachfolgenden Punkte erkennbar:
- Sie haben weder die besagten Filme angesehen noch eine Urheberrechtsverletzung begangen. Aus diesem Grund sind die in den E-Mails gemachten Angaben falsch und nicht weiter zu beachten.
- Die in den Schreiben genannten Anwaltskanzleien gibt es nicht. Das zeigt Ihnen eine einfache Internetsuche. Sie finden beispielsweise weder einen Eintrag zu „Kanzlei Müller + Walter“ oder „Krüger und Beck GmbH“.
- Im Fall von Urheberrechtsverletzungen versenden echte Anwälte keine E-Mails, sondern Briefe an Rechtsverletzer/innen. Das ist hier nicht der Fall.
- Dokumente werden nicht im ZIP-Format versendet, denn es birgt immer die Gefahr, dass Kriminelle darin Schadsoftware verstecken.
- Eine MS Dos-Anwendungen kann Änderungen am Betriebssystem vornehmen und ist gefährlich. Weshalb sie als Dateianhang bei einer Rechtsverletzung notwendig sein soll, ist nicht erklärbar.
Sie haben die Schadsoftware installiert?
Sollten Sie die Schadsoftware der Betrüger/innen installiert haben, aktualisieren Sie Ihr Antivirenprogramm und suchen nach Schadsoftware. Findet es welche, entfernen Sie diese. Kann Ihr Schutzprogramm keinen Schädling entdecken, wiederholen Sie diesen Schritt nach einigten Tagen erneut, denn es kann sein, dass es die Schadsoftware noch nicht erkennt. Können Sie ausschließen, dass Ihr Computer infiziert ist, ändern Sie sämtliche Passwörter Ihrer Konten. Das verhindert, dass Kriminelle Zugriff auf ihre Konten haben können. Erstatten Sie Strafanzeige bei der Polizei.
Wie schützen Sie sich vor Schadsoftware?
Damit Sie Ihren Computer nicht ungewollt mit Schadsoftware infizieren, richten Sie ein Benutzerkonto ein. Im Unterschied zu einem Administratorenkonto kann es keine Veränderungen am Betriebssystem vornehmen. Es verhindert somit, dass Sie unbemerkt Schadsoftware installieren, denn das müsste der Administrator mit einer Passworteingabe bestätigen. Aktualisieren Sie ihr Betriebssystem und Ihre Anwendungen laufend, sodass Sicherheitslücken geschlossen und nicht für Angriffe von Kriminellen ausgenutzt werden können. Sichern Sie wichtige Dateien auf externen Datenträgern. Das verhindert einen Datenverlust, der eintreten kann, wenn Kriminelle ihren Computer erfolgreich mit Schadsoftware infizieren. Nutzen Sie ein akutelles Antivirenprogramm und eine aktuelle Firewall.
Beratung & Hilfe
Für konkrete Beratungsanfragen wenden Sie sich bitte an die entsprechenden Stellen, die wir auf der Seite Beratung & Hilfe für Sie aufgelistet haben.
(Die Watchlist Internet bedankt sich bei Lesern für die Meldung der gefälschten Anwaltsschreiben.)